Triathlon liegt in der familie

Rennbericht Podersdorf 2020


Also liebe Freunde/innen,

Am Samstag den 05.09.2020 um 06.41 Uhr fiel der Startschuss zu meiner härtesten, brutalsten, aber emotionalsten Langdistanz bei den ÖSTM in Podersdorf. Eines vorweg: In einem wahren Medaillenregen wurde die Wachablöse durch meine Melly, mit Ihrer sensationellen, ja unglaublichen Leistung vollzogen. Am Vorabend - als ich in ihre Augen blicke - sah ich wie zuletzt vor ca. 20 Jahren, als ich mit ihr in Spital zum Nähen fuhr, ihre Angst. Nicht ganz 20 Stunden später beim Zieleinlauf plärrt sie wie ein kleines Kind, um seither ständig wie ein Hutschpferd über beide Ohren zu grinsen. Ich pack es einfach nicht, mir haut es die Hemdknöpfe und den Kuckuck raus, ich bin den Tränen sehr, sehr nahe und kriege Gänsehaut, wenn ich daran denke, wie sie ihre erste Langdistanz gefinisht hat: Nur 01:12:44 die 3,8km im Wasser, in 05:38:24 180km über die pannonische Platte gefetzt und den Marathon in außerirdischen 03:47:28 mit einem ständigem Lächeln im Gesicht aber sowas von locker gelaufen!!!. Sie ist ab heute österreichische Meisterin in der AK W24-29, hat den 2.Platz in der Normalwertung ihrer AK und ich durfte mit ihr und Marc Capek den 3. Platz bei der ÖSTM Mannschaftswertung erkämpfen. Sie war mit einer Gesamtzeit von 10:42:59 um 15 Minuten schneller als ich mit 10:57:28. Pro Minute werde ich ihr daher € 10.- weniger an Alimente zahlen, der freche Frotz muahahaha

Mein Rennen?? Mehrmals durch die Hölle und zurück. Beim Schwimmen schwebe ich 01:05:42, beim Radfahren erste Vorzeichen der Hölle. In jeder der 6 Runden 20km stärker werdender, mental fordernder, typischer Wind direkt/seitlich von vorne. Obwohl ich nicht überpace, erste Anzeichen von Brechreiz, erste nie gekannte Gedanken von Aufgeben. Als ich mich nach 05:06:22 vom Rad runter wurschtle und mir die Laufsocken und -schuhe anziehe, nach dem Schluck Gel gerade noch das Kotzen verhindere und auf die Marathonstrecke laufe, erahne ich was Leiden bedeuten wird. 

Die ersten Kilometer gehen halbwegs, sind motorisch eigentlich sehr gut, auch die Pace passt. Als es mich aber dann dreimal auf die Klobox zwingt, ich mir mehrmals die Seele aus dem Leib kotze, ich knapp vorm Zusammenbrechen bin, werden meine Gehpausen länger, die Laufintervalle kürzer. Mein Hirn schreit nach aufgeben, meine Gedanken kreisen immer öfter um das Thema Karriereende, warum tust dir Trottel das an??? Mein Mentalcoach und Freund Gerhard Lang, genehmigt mir die Gehpausen, pusht mich aber immer hoch, damit ich wieder zu laufen beginne. Meine Martina und Freunde schreien meinen Namen, wieder laufe ich, obwohl ich eigentlich nicht will. "Mach weiter auf deiner letzten Langdistanz, so hört man nicht auf, andere leiden auch du Arsch und schei….s auf dein blödes Selbstmitleid, renn einfach wieder" so versuche ich mich aufzuraffen. Robert Schmelz von Ausdauervutter füttert mich fast liebevoll mit Bananen, damit ich ein bisschen Energie zu mir nehme, öffnet seine Büchse der Pandora gibt mir eiskaltes Wasser, kühlt mich und redet mir zu. Hinter mir auf meiner letzten Runde ein schriller Ruf "Papaaaaaa net stehen, laufen, häng dich bei mir rein". Oje jetzt gints gleich Stress muahaha. Locker überholt sie mich, lächelt mich an. Sooooo gerne wäre ich mitgelaufen - mit ihr gemeinsam - wie schön wäre das gewesen. Mein Hirn dreht wieder ab, ich muss wieder gehen, sie zieht davon und ich weiß meine Melly wird sensationell abliefern. 

Nina begleitet mich auf den letzten 2km, da beginne ich zu genießen, mich zu freuen. Ich habe gefinisht, nur das zählt. Trotz dieser miesen Laufleistung in 04:38:28 noch unter 11 Stunden. Ich werde überglücklich bei den ÖSTM 3er in der AK 55/59. Mein Freund Heinz leidet auch, finisht als österreichischer Vizemeister in meiner AK mit einer Hammerleistung. Als Melly ins Ziel rennt und dabei wie ein kleines Kind plärrt und schluchzt, mich anspringt und um den Hals fällt, ist alles vergessen. Es war das Alles allemal wert. Diesen Moment als Vater erleben zu dürfen, diese Freude zu teilen, diesen Stolz zu erfahren, sein Kind so zu sehen. Das, ja das nimmt uns niemand. Bedanken möchte ich mich bei meinem Freund Gerhard, bei Robert, meiner Nina und Martina ihr habt mir dieses Rennen gerettet. Mir geht es schon wieder gut, ich bin zufrieden und happy. Mehr ist nicht gegangen, diese Momente nehme ich mit. Ich bin soooo dankbar, so eine Familie, so großartige Freunde und so großzügige Sponsoren haben zu dürfen. Ich bin aber auch ausgebrannt - körperlich und mental - das nehme ich zum Anlass einmal richtig runter zu kommen, meine Gedanken, meine Ziele und Prioritäten neu zu ordnen. Ich bin gespannt, was rausschauen wird, was die Zukunft bringt..

Ihr hört das von mir,
Euer glücklicher Paul

 
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diesmal zu zweit